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Shaw Brothers auf Abwegen Teil 1: Hongkong Godfather

IMDB/OFDB

Hongkong, 1985

Regie: Lung Wei Wang

So, als nächstes gibt’s mal zwei Shaw-Schinken der etwas anderen Art. Das jenes traditionsreiche Studio aus Hongkong auch andere Kost zu bieten hatte als die berüchtigten Schwert- und Faustkampfopern, ist hierzulande wohl lange Zeit total unbeachtet geblieben, und angesichts dessen was ich bisher darüber erfahren habe, ist das vielleicht auch besser so.  Überhaupt bin ich nie so richtig mit den Erzeugnissen dieser Klitsche warm geworden. Klar, der eine oder andere Klassiker für Martial Arts-Fans ist schon dabei, aber abseits der regelmäßig fliegenden Fetzen konnte mich noch keiner dieser Streifen vollends überzeugen. Zwischen totalem Schrott, unterhaltsamem Trash und auch einigen durchaus Sehenswerten Filmen würde ich davon keinen einzigen auf die einsame Insel mitnehmen wollen. Sieht man von den oft hervorragenden Actionsequenzen mal ab, scheitern diese Filme meistens daran, eine wirklich packende Geschichte zu erzählen. Zu klischeehaft sind die Charaktere, zu stereotypisch ihr Handeln und zu vorhersehbar die Handlung. Die schauspiererischen Leistungen sowie die Qualität der Dialoge sind mehr als oft auf schlimmstem Seifenoper-Niveau. Wenn dann aber genug Schwerter und Fäuste ansprechend genug choreographiert durch die Luft fliegen um von all diesen Defiziten abzulenken, haben wir es mit einem der besseren Vertreter des Genres zu tun.

Vor einer Weile fiel mir die DVD von The Infra Superman (D.T.: Invasion aus dem Inneren der Erde) in die Hände, einer skurrilen Superhelden-Klopperei nach dem Vorbild Japanischer Action-Serien der 70er Jahre, und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus angesichts der geballten Trashigkeit dieser Produktion. Mit einem nachfolgenden Review werde ich noch ein anderes Werk beleuchten, das in dieser Hinsicht ziemlich den Vogel abschießt. Zwar weisen auch einige der besagten Wuxia-Kamellen aus dem Hause Shaw eindeutige Trashwerte auf, doch merkt man es dort nicht immer sofort, einfach weil diese Filme zu stilbildend für das Genre wurden und man vieles als normal und genrebedingt hinnimt. Setzen einem die Genossen Shaw mal etwas Genrefremdes vor, sieht man dann die Katastrophe dann mit einem klaren, unvoreingenommenen Blick und in voller Pracht :-)

Eine totale Katastrophe ist dieser Film nun wirklich nicht geworden, aber bringen wir erst mal die grobe Handlung hinter uns:

Kien Shih ist ein “guter” Gangsterboss, der sich aus Drogengeschäften und Prostitution heraushält (einen spontanen Lachanfall konnte ich mir hierbei nicht verkneifen) und seine Schützlinge nach Leibeskräften umsorgt und unterstützt. Und wo wir schon bei denen sind, da wären etwa der Ex-Kriminelle (wie geht das, als Ex-Krimineller in der Mafia agieren?!?) und Familienvater den alle “Mad Dog” nennen, ein lockiger Weiberheld namens “Playboy Lung” und ein Cop mit Mafia-Vergangenheit, dessen Namen ich jetzt schon wieder verdrängt habe. Als ein Mitglied der “Familie” eine verschwörung plant und kurze Zeit später natürlich den geliebten Boss umnietet, begibt sich das besagte Dreiergespann auf den üblichen (zumindest nach den Maßstäben typischer 80er- Actionrotze, gell?) Rachefeldzug.

So weit so gut. Das erste was mir beim betrachten des Films auffiel: So sehr unterscheidet er sich in seiner Struktur und Inszenierung gar nicht so großartig von den bekannten Kung Fu- Schnulzen aus der gleichen Werkstatt. Anderes Setting hin oder her, dramaturgisch ist alles beim alten: Die guten sind so richtig frei von jeder Sünde (oder gebahren sich zumindest so), die Bösen sind so richtig schmierig und verraten sich dem Zuschauer schon früh durch unglaubwürdiges Overacting, bevor sich hier noch ein Zuschauer überfordert fühlen könnte. Töchter sind vor allem dafür da um entführt zu werden, wenn dem Drehbuchautoren der Stoff ausgeht und die Gegenspieler der Helden stehen natürlich artig schlange und warten mit dem weggemetzelt werden, bis sie an der Reihe sind. Ansonsten wäre das aber auch ein kurzer Film. Bei den (leider wie immer massig vorhandenen) Dialogen fragte ich mich manchmal, ob die Macher hier allen ernstens versuchen (und dran scheitern), die Charaktere zu vertiefen, oder ob sie lediglich mit einem Maximum an klischeehaftem Geplänkel das nachfolgende Gemetzel rechtfertigen wollen. Ach ja, und etwas deplatzierten Slapstick gibt es auch zu bestaunen. Die Actionszenen gehören zu den gelungeneren, wann immer hier Fäuste, Messer und Sägen(!!!) durch die Lüfte fliegen macht das ganze sogar richtig Laune.

Wie gesagt, keine totale Katastrophe soweit. Nur ein unglaublich durchschnittlicher Hongkong-Klopper nach üblichem Strickmuster… Wäre da nicht dieses Ende! In den letzten zehn Minuten feuert die Shaw-Crew den wohl eindrücklichsten (und auch blutigsten) Adrenalinschub ab, den ich bisher von dort zu sehen bekam. Als dann der Abspann über den Bildschirn flimmerte hatte ich tatsächlich das Gefühl, etwas großartiges gesehen zu haben, wenn auch nur für für einen kurzen Monent. Weil es einfach müßig und albern ist, komplette Actionszenen zu spoilern, schließe ich hier einfach mal und gebe dem Film trotz aller genannten Schwächen das Prädikat “sehenswert”. Für Fans zumindest.

Wertung: 6/10

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