Experimentell ging’s heute los mit dem Zweiergespann Midori-ko und Still in Cosmos. Bei letzterem handelt es sich um eine experimentelle Arbeit von Takashi Makino, die ursprünglich als Videoinstallation erdacht wurde. Eine Handlung oder sowas gibt’s nicht, dafür aber einen schnellen, psychedelischen Bilderrausch, der im Zusammenspiel mit dem Soundtrack des geschätzten Experimentalmusikers Jim O’Rourke seltsame Effekte im Hirn des Zuschauers auslöst. Nur etwas lauter hätte es noch sein können
Midori-ko von von Keita Kurosaka schlug dann wieder einen etwas “normaleren” Ton an. Der in Zehnjähriger Handareit entstandene Animationsfilm schildert die bizarre Geschichte der kleinen Midori, die ums verrecken kein Fleisch essen mag und sich in eine Welt wünscht, in der nur Gemüse existiert und alles sich um Pflanzen dreht. Dann entführt uns der Streifen in jene seltsame Traumwelt, in der alle protagonisten die Form von Pflanzen- oder Tierhybriden annehmen und wo Midori eine seltsame Pflanze mit menschlichen Gesichtszügen vor dem Hunger ihrer Nachbarn beschützen muss. Midori-Ko ist ein wirkliches Highlight für Fans der unkonventionelleren Animationskunst und schafft es trotz des hohen künstlerischen Anspruches eine mitreißende Story zu erzählen und durchweg gut zu unterhalten.
Vor der Vorstellung von Cold Fish tauchte dann noch der Klaus vom Japankino-Blog auf und erwies sich wie zu erwarten als unglaublich netter Zeitgenosse. Zusammen ging’s dann zur Vorstellung des neuen Werkes des gefeierten Sion Sono.
In Cold Fish portraitiert Sono mal wieder eine kaputte Familie. Shamoto, ein unbeholfener Vater und Fischhändler, eine rebellische Tochter, deren Mutter vor Jahren verstarb und eine von ihr verhasste Stiefmutter, die ihre Abneigung genau so kalt erwiedert. In dieses kranke Gefüge bricht wie ein Lichtstrahl der Fischhändler Murata ein, dessen überschwenglichem Charme bald alle drei erliegen. Er gibt der überglücklichen Tochter Mitsuko einen Job in seinem Laden und macht Shamoto sogar das Angebot einer Geschäftspartnerschaft, das einfach zu gut scheint, um wahr zu sein. Bald jedoch zeigt Murata das wahre Gesicht hinter seiner gutherzigen Fassade und nutzt Shamotos Vertrauen zunehmend aus um ihn am Ende zum willenlosen Gehilfen seiner allzu mörderischen Machenschaften zu machen.
Was soll ich noch sagen… Ein weiterer gelungener Eintrag in Sion Sonos Filografie. Klar, sein gefeiertes Epos “Love Exposure” ist so einfach nicht zu toppen, und glücklicherweise versucht er es auch gar nicht. Stattdessen variiert er einige seiner bereits bekannten und liebgewonnenen Motive und Stilelemente zu einem packenden und von rabenschwarzem Humor triefenden Thriller. Im Sommer erscheint der Film bei uns auf DVD, lasst ihn euch nicht entgehen.
Mehr als eine kleine Enttäuschung war dann der (warum eigentlich?) auf der Berlinale gefeierte Heaven’s Story von Takahisa Zeze, der sich ehrlich gesagt als viereinhalbstündige Kackwurst von einem Film herausstellte. Ich habe ja schon viele eher mäßige Filme gesehen, aber so extrem verärgert hat mich schon lange keiner mehr. Das ist genau die überstrapazierte und ausufernde Arthousekacke, die regelmäßig von ahnungslosen Journalisten gefeiert wird, von denen es halt erwartet wird, sowas gut zu finden. Naja, ich hab jetzt nicht mehr die Zeit ins Detail zu gehen, da wäre mal ein eigener Post angebracht um in aller Breite zu erklären, was ich an dem Film alles scheiße finde.
Morgen geht’s hier weiter mit meinen Eindrücken vom Freitag, bis dann.
Ein Kommentar
Jim O’Rourke hat den Soundtrack gemacht?
Kein Wunder. xD
Ein Trackback/Pingback
[...] meinen regelmäßigen Lesern aus zahlreichen geschätzten Kommentaren bekannt – schildert seine Eindrücke vom zweiten Festivaltag und zerreisst dabei ganz nebenbei den auf der Berlinale ausgezeichneten [...]
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